Comics sind gleichermaßen Kunst und Kultur. Auch wenn viele Menschen darin nur bunte Bildchen mit Sprechblasen sehen. Es ist schlicht unerheblich, wieviele Wörter, Zeilen oder Seiten ein Buch zählt. Gute Comics sind ein perfektes Zusammenspiel aus Wort und Bild und allein deshalb schon eine Kunstform. In aller Regel sind sie ein Spiegel der aktuellen Gesellschaft. Hier einige Beispiele sowie meine geheimen Favoriten.

COMICS SIND KUNST UND KULTUR

Comic Kunst Nick Knatterton

Comic Kunst Nick Knatterton

KULTFIGUR der 50er Jahre

Der von Kopf bis Fuß karierte Superdetektiv wechselte nahtlos zwischen Gangsterszene und Finanzmilieu. Hier und dort half er schönen Damen aus der Klemme, machte sich auf Verbrecherjagd und blieb nach seinen turbulenten Einsätzen am Ende stets der Sieger.

Beeinflusst von den US-Comics beschloß sein Schöpfer Manfred Schmidt dann 1950, Knatterton als Persiflage auf das amerikanische Vorbild in aufregende Krimiabenteuer zu schicken. Auf diese Weise machte er das Genre „Comic“ in Deutschland bekannt. Schmidt bediente sich für seine Geschichten gängiger Klischees mit großem Wiedererkennungseffekt.

Asterix auf Korsika, bestes Macho-Drama

Asterix auf Korsika, bestes Macho-Drama

ASTERIX

Durch Comics entstehen moderne Mythen und die sind genau wie ihre antiken Vorbilder Mittel der Weltdeutung. Die Geschichte von Asterix ist eng vernetzt mit den Mythen um die französische Nationalheldin Jeanne d’Arc und die Résistance im Zweiten Weltkrieg. Nicht umsonst erinnern die Römer aus Asterix mit Uniform, Obrigkeitshörigkeit und Grußformel an die Nazis im dritten Reich.

Asterix und Obelix stehen für den Widerstand gegen scheinbar Übermächtiges, für Gewitztheit und Esprit sowie gegen Konformismus jeglicher Art. Ihre Abenteuer zeugen von einer gewissen Leichtigkeit in schweren Zeiten. Meine Lieblingswerke sind Asterix auf Korsika und Asterix bei den Briten, aus denen ich auch heute noch gerne zitiere.

Helden küssen besser

Helden küssen besser

MARVEL

Marvel arbeitet gerne mit einem mehrfach erprobten Erfolgskonzept: Teamfindung, Teamstreit, dann Teamversöhnung in allerletzter Minute mit anschließender selbstloser Aufopferung und tränenreicher Auflösung. Gerne werden Außenseiter dargestellt, die im täglichen Leben kaum auffallen und erst mit Kostüm und Superkräften zur Höchstform auflaufen. Wie der Silver Surfer in dieses Schema passt, kann ich nicht wirklich sagen.

SILVER SURFER

Einsam und an chronischem Liebeskummer leidend surft der silberne Superathlet durch zahllose Universen. Er ist mit der kosmischen Kraft ausgestattet, die ihn übermächtig macht. Gleichzeitig ist er ohnmächtig, weil er als Sklave dem weltenzerstörenden GALACTUS dient. Als tragischer Superheld vermittelt er wie kein zweiter das unvollkommene LEBEN und die immerwährende SUCHE. Und gerade weil er einerseits Perfektion verkörpert aber andererseits auch Tragik und Unzulänglichkeit vermittelt, war der Silver Surfer sehr früh mein Lieblingsheld.

Danger Girl likes it hot

Danger Girl likes it hot

DANGER GIRL

Sexy, brutal und mit Köpfchen. Abbey Chase ist die weibliche Antwort auf Indiana Jones – Meisterschütze, Sprachvirtuose, Gelehrte der Weltgeschichte und (allgemein) eine atemberaubende Femme Fatale. Obwohl sie den größten Teil ihres jungen Lebens als Einzelgängerin verbracht hat, ist Abbey sowohl Teamplayerin, als auch Führungspersönlichkeit. So stellen sich viele Männer ihre Traumfrau vor – kann alles, macht alles, beschwert sich nicht. (Ironie)

Will Eisner's "Vertrag mit Gott" von 1978

Will Eisner’s „Vertrag mit Gott“ von 1978

THE SPIRIT

Der SPIRIT nimmt sich selbst als Held überhaupt nicht ernst. Allein deshalb ist er die absolut coolste Sau im Comic-Helden-Kosmos. Aber eigentlich ist die Superheldenstory nur Mittel zum Zweck. Will Eisner transportiert mit dem SPIRIT und der ihn umgebenden verkommenen Großstadtszenerie tiefgründige Gesellschaftskritik.

Feuertreppe des Lebens

Die Vielvölkerstadt New York war immer wieder Schauplatz und Thema von Will Eisners Comics. Eisner liebt den Blick von oben auf die Gesellschaft in ihrer Diversität. Eisner schuf den Spirit 1940, in der großen Zeit der Superhelden, aber ohne die gewohnte Ausstattung. Nur eine kleine Augenmaske erinnert an die Heldenkollegen von Marvel und DC. Und auch der ambitionierte Aufschwung fehlt. In jedem einzelnen Bild macht Will Eisner den kleinbürgerlichen, ja proletarischen Untergrund seiner Geschichten spürbar.

https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/the-spirit-comiclegende-will-eisner-gestorben-a-335574.html

Gaston der liebenswerte Chaot

Gaston der liebenswerte Chaot

BELGISCHE COMICS – André Franquin

„Belgisch“ ist – neben Französisch und Amerikanisch – eine der Weltsprachen der Comic-Kunst. André Franquin war stilbildend für Generationen europäischer Comics. Er war der Schöpfer von Spirou & Fantasio, dem Marsupilami oder dem chaotischen Redaktionsboten Gaston Lagaffe. All diese Weltbürger sind gebürtige Belgier.

Franquins geistige Heimat war das „Journal de Spirou“, das der Verleger Jean Dupuis seit 1938 in Marcinelle bei Charleroi herausgab. Dupuis war ein engagierter Katholik, dem die Verbreitung christlicher Werte am Herzen lag. In den damals noch verpönten Comics entdeckte er sein Medium dafür.

So erschienen in „Spirou“ – abgeleitet vom wallonischen Wort für „Eichhörnchen“ oder „Lausejunge“ – auch explizit christliche Comics, die das Leben von Heiligen nachzeichneten. Auch Johann und Pfiffikus, die Schlümpfe, Lucky Luke, Bill et Boule (Schnief und Schnuff) – sie alle stammen aus Marcinelle.

Die Verbreitung der populären US-amerikanischen Comics war von der NS-Besatzungsmacht untersagt. „Spirou“ versuchte mit einer Fülle von Talenten die wachsende Nachfrage nach Comics zu decken. Nach schweren Anfangsjahren, unter anderem durch die Rekrutierung von Zeichnern als Soldaten, begann ab 1946 im Verlagshaus Dupuis ein „goldenes Zeitalter“.

Es entwickelte sich neben dem französischen „Tintin“ (Tim und Struppi) rasch zum führenden Comic-Magazin in Europa. Mit „Spirou“ avancierte der Comic von der verpönten „Volksverdummung“ zur Kunstform.

Sinn und Unsinn des Lebens

Franquin war ein Intellektueller. Sein aufwändiger Zeichenstil spiegelte Wohnkultur und Futurismus der 50er Jahre und thematisierte die zunehmende Technokratie und die Diktaturen Lateinamerikas.

Er war er streng antimilitaristisch, seit Ende der 70er auch ökologisch und auf allen Ebenen anarchisch eingestellt gegenüber Dümmlichkeit, Staatsmacht und zu viel Ernst. Vielleicht hatte er deshalb sein Leben lang mit Depressionen zu kämpfen.

Im Verlagshaus Dupuis gab es ein gemeinsames Ziel: die Verbesserung der Gesellschaft. In den wilden 70er Jahren hatten dann auch die Zeichner von „Spirou“ ein gesteigertes Bedürfnis, sich gedanklich auszutoben. Eine Frucht davon waren etwa Franquins „Schwarze Gedanken“, welche von 1977 bis 1982 erschienen. Franquin verarbeitete darin künstlerisch seine makabren Gedanken über Sinn und Unsinn des Lebens.

Andrax auf ungewollter Zeitreise

Andrax auf ungewollter Zeitreise

 

ANDRAX

Montreal im Jahr 1976. Der Top-Athlet Michael Rush ist ein erfolgreicher Sportler und nimmt als Zehnkämpfer an den Olympischen Spielen in Montreal teil. Damit ist er das optimale Versuchskaninchen für den genialen aber ebenso verrückten Wissenschaftler Professor Magor.

Magor schickt Michael in einen 2000-jährigen tiefgekühlten Schlaf. Mittels Videobotschaft meldet sich Professor Magor in der Zukunft bei Michael, den er ab sofort nur noch als Experiment betrachtet und ANDRAX nennt. Als einziger Mensch der Vergangenheit lebt Andrax nun in einer neuen Zivilisation, ganze 2000 Jahre in der Zukunft. Doch statt einer technisch und kulturell hochentwickelten Zivilisation trifft Andrax auf Chaos und Anarchie.

ANDRAX stellt sich dem Kampf

Für viele Menschen bedeutet das Leben ein täglicher und nicht enden-wollender Kampf. Sein Name steht für Ehrgeiz, Unabhängigkeit, Stärke, Zuverlässigkeit, Zielstrebigkeit und Professionalität.

Mit ein wenig Phantasie könnte ANDRAX eine Anspielung auf ABRAXAS sein. Mit Abraxas (griechisch Αβραξας) bezeichnete der ägyptische Gnostiker Basilides das Symbol des höchsten Urwesens. Aus ihm gingen die fünf Urkräfte Geist, Wort, Vorsehung, Weisheit und Macht hervor.

Comic Art, Leon der Profi

Comic Art, Leon der Profi