Wenn der Kiez ruft, nennt er dich bei deinem Spitznamen. Aber Vorsicht!
KIEZ-NAMEN SIND TÖDLICH
Alles begann mit einem harmlosen SMILEY. Oder war es PACMAN? Moment mal.
Pac-Man erschien in einem Arcade-Spiel von Namco im Jahr 1980. Das Spiel ist ein Klassiker der Videospielgeschichte und Pac-Man selbst avancierte zu einer ikonischen Figur in der Popkultur.
Die Figur Pac-Man sieht tatsächlich wie ein gelber Kreis mit einem offenen Mund aus, der einem Smiley ähnlich sieht. Einige Menschen denken, dass PACMAN ein Smiley ist, da seine Form und sein Aussehen darauf hinweisen könnten. So ist es aber nicht. PACMAN ist ein Charakter, eine Figur mit einer einzigartigen Geschichte und Bedeutung in der Videospielgeschichte.
GEBURT DES SMILEY
Der Smiley, wie wir ihn heute kennen, wurde ursprünglich von Harvey Ross Ball entworfen, einem amerikanischen Grafikdesigner.
Im Jahr 1963 wurde Ball von einer Versicherungsgesellschaft beauftragt, ein Symbol zu entwerfen, das die Mitarbeiter dazu ermutigen sollte, freundlicher zu sein und ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen. Er kreierte daraufhin das einfache gelbe Gesicht mit einem Lächeln und zwei Punkten als Augen, das wir heute als „Smiley“ kennen.
Der Smiley von Harvey Ross Ball wurde schnell populär und entwickelte sich zu einem weit verbreiteten Symbol für Glück und positive Emotionen.
Heute ist der gelbe Smiley ein fester Bestandteil der social media Kommunikation aber für mich ist er „das“ Symbol der HOUSE-Musikszene, die in den 80ern nach Deutschland kam. Um genau zu sein … nach Hamburg.
HOUSE MUSIC, ACID & DIE SMILEYS
House-Musik und Acid-House-Musik sind zwei Musikgenres, die in den späten 1980er Jahren in Chicago und anderen Städten der USA entstanden sind. Beide Genres sind eng miteinander verbunden und haben viele Gemeinsamkeiten, einschließlich der Verwendung von elektronischen Musikinstrumenten und der Verwendung von wiederholten Samples.
Auch in der House-Musik wurden Smileys häufig verwendet, um die positive Stimmung und Energie der Musik zu symbolisieren. Der Smiley wurde zu einem allgemeinen Symbol für die gesamte elektronische Tanzmusikszene und ist auch heute noch ein beliebtes Symbol in der Popkultur.Kunstobjekte“ fand man in der Nähe eines berühmten Clubs.
FRONT Hamburg
Das FRONT ist der Name einer legendären House- und Schwulendiskothek in Hamburg. Beheimatet in den Kellerräumen des Kontorhaus Leder-Schüler am Heidenkampsweg im Stadtteil Hammerbrook.
Eröffnet wurde der Club im Jahr 1983 von Willi Prange (1949–2006), der Ende 2006 freiwillig aus dem Leben trat, und seinem Lebensgefährten Phillip Clarke (verstarb 2003 an Krebs). Das FRONT existierte bis zum 16. Februar 1997. In den darauf folgenden vier Jahren gab es jeweils eine offizielle Revival-Party, ausgerichtet von der Original Crew, welche orgiastisch abgefeiert wurde.
Das Publikum hatte einen bemerkenswert hohen Anteil an Homosexuellen, die den Club als ihren Treffpunkt ansahen. Samstags und mittwochs war das Publikum „gemischt“ (Männer und Frauen), freitags hieß es dagegen „Strictly men“.
Der Club kam sehr minimalistisch daher. Es gab eine kleine Bar, eine Garderobe hinter Gitter und Maschendraht, eine Videowand aus ca. 5 × 6 Monitoren – auf denen schwule Pornofilme liefen – sowie eine von außen mit Edelstahl verkleidete DJ-Kabine mit verdunkeltem Plexiglas.
Das FRONT galt als eine der ersten House-Musik-Locations in Deutschland. Auch andere musikalische Trends wie z. B. Acid House wurden hier geprägt. Im FRONT wurde primär House, insbesondere in seinen Deep- und Garage-Spielarten gespielt. Gelegentlich fanden hochgepitchte Diskoklassiker den Weg auf den Plattenteller. Auch Detroit Techno, Chicago House und Acid House gehörten zu ihrer jeweiligen Hochzeit zum Programm.
Die Diskothek beherbergte bis Mitte der 1990er Jahre die musikalische Avantgarde der Metropolregion. Der musikalische Stil des FRONT hat über Jahre die House-Musikszene Kontinentaleuropas geprägt. Nahezu die gesamte Prominenz der Housemusik-Kultur hat über die Jahre im FRONT aufgelegt. Dazu gehören Künstler wie Frankie Knuckles oder Masters at Work. Amerikanische House-Plattenlabels, wie Strictly Rhythm oder Nu Groove verdanken dem FRONT ihren Erfolg auf dem deutschen Markt.
Kein Wunder – Hamburg ist die internationale Drehscheibe, wo Kulturen aufeinandertreffen und zu einem spannenden Mix heraufkochen. Auch im täglichen Leben findet ständig eine brisante Interaktion statt. Chic und Asi, Luxus und Halbseide, finden immer wieder ihren Weg zueinander. In Eppendorf wohnen und auf St.Pauli abfeiern war nie ein No-Go.
KIEZ-NAMEN muss man sich verdienen
Wenn dich der Kiez ruft, hör nicht hin. Wer St. Pauli sagt, meint in aller Regel die Reeperbahn und die war in den 70er und 80er Jahren fest in der Hand von drei Gangster-Syndikaten.
Die Chikago-Bande oder auch Hans-Albers-Platz-Gruppe war neben der GMBH und der Nutella-Bande eine kleinere Zuhälter- und Drogenhändlerorganisation im Hamburger Rotlichtviertel und gruppierte sich um Reinhard „Ringo“ Klemm. Aufgrund ihrer Nähe zum Auftragsmörder „Mucki“ Pinzner wurde die Chikago-Bande als die gefährlichste unter den Dreien eingestuft.
REVIERKÄMPFE
Das Revier der Chikago-Bande erstreckte sich, vom Millerntor aus gesehen, südlich der Reeperbahn bis zur Elbe. Nördlichster Punkt war das Palais d’Amour auf der Reeperbahn Nr. 142, wo „Wiener Peter“ Nusser seine Hauptaktivitäten hatte. Die Chikago-Bande lag im Konflikt mit der Nutella-Bande und der Gruppe um Stefan Hentschel.
CHIKAGO
Das Hauptquartier der Chikago-Bande, die sich in den späten 1970er Jahren bildete, war das ehemalige Eiscafé „Chikago“ am Hans-Albers-Platz. Das Lokal wurde mehrfach umbenannt und heißt heute FRIEDA B. Der untere Teil wurde als Musikkneipe und Restaurant genutzt, im Obergeschoss war mit 15 Zimmern ein Bordell eingerichtet.
Das „Chikago“ galt unter anderem als Treffpunkt eines harten Kerns von Hamburger Zuhältern. Außerdem trafen sich dort in einem separaten Raum jeden Donnerstag Zuhälter aus ganz Deutschland zum Pokerspielen. 1972 verunglückte der vorherige Betreiber des „Chikago“ „Jonny“ Burger bei einem Autounfall und Reinhard „Ringo“ Klemm stieg ein. Bis Ende der 1970er Jahre betrieb Klemm das Lokal zusammen mit Janny Gakomiros. 1977 übernahm er das „Chikago“ allein.
In den 1970er Jahren gehörte Uwe „Dakota-Uwe“ Carstens (* 1943 in Stralsund; † 1998 Selbstmord bei Pinneberg) zum Umfeld der Chikago-Bande. Eine Zeitlang arbeitete er als Barchef im „Dakota“ auf dem Hans-Albers-Platz und war ein Mitglied der kriminellen „Kegelclub“-Vereinigung. Zu seinen Tätigkeiten gehörten Schulden eintreiben und später Bordellbeteiligungen sowie Glücksspiel.
Mit Beginn der 1980er Jahre stieg die Chikago-Bande in das Kokain-Geschäft ein. Der Drogenhandel brachte eine völlig neue Dimension der Gewalt in den Rotlichtbezirk. So hatten „Wiener Peter“ Nusser und sein Geschäftspartner Gerd „Erzengel“ Gabriel, dem unter anderem das Fernfahrer-Bordell „Hammer Deich“ in der Süderstraße gehörte, mehrere Morde an Konkurrenten bei „Mucki“ Pinzner in Auftrag gegeben. Bekannte Opfer waren Jehuda Arzi († 7. Juli 1984), „Bayern-Peter“ Peter Pfeilmaier († 12. September 1984), „Lackschuh-Dieter“ Dietmar Traub († 13. November 1984), sowie „Neger Waldi“ Waldemar Dammer und Ralf Kühne († Ostern 1985).
KIEZ GRÖSSEN LEXIKON
„Ringo“ Klemm (1946–2021): Betreiber des Clubs „Chikago“ am Hans-Albers-Platz
„Neger Kalle“ Schwensen: 1984–1994 Betreiber des „Top Ten“-Clubs
Uwe „Dakota-Uwe“ Carstens († 1998): Legende von Othmarschen
Uwe „King Kong“ Bolm († 1987): Lude
Hans-Joachim „Joe“ Marx: Zuhälter und Drogendealer
Holger Sass († 2022): Videothekar, Bordellbesitzer und Drogendealer
„Campari-Bernd“ Bernd Wünsch († 1987): Lude
Gerd „Erzengel“ Gabriel: Bordellier und Steigenwirt
Josef Peter „Wiener Peter“ Nusser: Zuhälter mit Bordellbeteiligung im Palais d’Amour
Chinesen-Fritz: Fritz Schroer war einer der Partner des Wiener Peters, den dieser durch den Auftragskiller Werner Pinzner (in der RITZE) hinrichten ließ. Schroer hatte zunehmend Gefallen am Kokainkonsum gefunden und wollte sein Geld aus dem Bordellgeschäft herausziehen, was Wiener Peter wohl nicht gefiel.
Lackschuh-Dieter: Dietmar Traub war ebenfalls eine bekannte Größe auf dem Kiez und ein Partner von dem Wiener Peter. Genauso wie Chinesen-Fritz wurde auch der Bordellier Traub im Auftrag von Nusser von dem St. Pauli Killer Pinzner erschossen. Die Bordell-Anteile von Lackschuh-Dieter sowie sein Vermögen wurden anschließend von Wiener Peter übernommen.
Milliarden-Mike: Deutschlands bekanntester Hochstapler Mike Wappler. Heute 66 Jahre und die Hälfte seines Lebens im Gefängnis verbracht.
Lamborghini-Klaus: Klaus Barkowsky „der schöne Klaus“ war einer der Anführer der Nutella-Bande. Der im April 2023 durch Suizid aus dem Leben geschiedene Ex-Zuhälter versuchte sich in den letzten Jahren als Künstler und war gerngesehener Gast in Talkshows.
Karate-Tommy: Thomas Born, ehemaliger Vize-Europameister im Kickboxen, war ebenfalls ein Mitglied der Nutella-Bande. Der Zuhälter, der im Jahr 2015 einem Herzinfarkt erlag, war innerhalb der Zuhälterorganisation der Mann fürs Grobe.
FRIDA Schulz: Ende der 60er stieg Wilfrid „Frida“ Schulz zum Herrscher der Reeperbahn auf. Er machte sein Geld mit Prostitution und Glücksspiel. 1982 verhaftete ihn eine Hamburger Spezialeinheit gegen das Organisierte Verbrechen und beendete die Ära des „Paten“ von St. Pauli.
MADHOUSE MANNI
Manfred „Manni“ Knop gehörte nicht zur kriminellen Liga Hamburgs, war aber in der ganzen Stadt bekannt, weil er über Jahrzehnte den besten Musik-Club Hamburgs betrieb. Im November 1999 feierte er mit dem Madhouse bereits „30 Jahre Tanzvergnügen“. Hier waren schon Mick Jagger, Prince und ZZ Top zu Gast, was ich aus eigener Erfahrung bezeugen kann.
Am 11. November 1969 hatte Manni die Kellerdisco am Valentinskamp eröffnet, zuvor war dort die sogenannte „Musikgalerie Tiffany’s“ ansässig. Manni besorgte amerikanische Rock-Platten, noch bevor sie in Deutschland erhältlich waren und engagierte 1972 einen Diskjockey, der in Hamburg zur Legende werden sollte. DJ Axel brachte die Disco-Besucher zum Tanzen auf die Tische und machte das Madhouse berühmt: Mick Jagger, Prince, Iggy Pop und ZZ Top waren in den rotgestrichenen Räumen zu Gast. In den Luxushotels hatte sich bei den Nachtportiers herumgesprochen, wo auch während der Woche etwas los war und die Portiers wiesen den Stars den Weg in den Valentinskamp. Zuletzt stellte sich Meat Loaf nach seinem Konzert 1995 hinter den Tresen und half beim Gläser spülen. Vier Stunden lang. Er fand das klasse. Und ich fand klasse, dass mein Kumpel Olaf Türsteher im Madhouse war. Von hier aus startete auch er später seine Kiez Karriere.
NEGER KALLE SCHWENSEN
Karl Heinz Schwensen, Sohn eines afroamerikanischen Soldaten und einer Deutschen, stammt aus Oberfranken. Im Alter von zwölf Jahren zog er mit seinen Eltern nach Norddeutschland – der Kiez ruft. In seiner Jugend boxte er in einem Amateurboxverein, brach eine Lehre zum Feinmechaniker ab, arbeitete als Kellner, leitete Clubs, arbeitete als Geldeintreiber für die Paten von St. Pauli und ist heute ein gerngesehener Promi bei TV-Talkshows und schillernden Events. Das Hamburger Abendblatt titelte Schwensen mal als „einen der ganz Großen auf dem Hamburger Kiez“.
Sein bester Spruch, als ihm ein RTL-Mitarbeiter unbedingt einen Event-Pass umhängen wollte: Sowas brauche ich nicht. Wenn ich irgendwo ohne Pass nicht mehr reinkomme, bleibe ich zuhause.“
Von 1984 bis Ende 1994 war Schwensen Betreiber des TOP TEN CLUB – das schöne kleine Gebäude mit den fachwerkartigen Verzierungen auf der Reeperbahn 136.
Damals konnte es schon mal vorkommen konnte, dass ganz spontan und in der Woche Freunde von ihm, wie Tony Sheridan, die Scorpions, Duff McKagan von Guns N‘ Roses, Richie Sambora von Bon Jovi, The Rattles oder Les Humphries auf der Bühne standen. Oder Udo Lindenberg. Er am Schlagzeug, Kalle am Mikrofon. 1994 schloss das TOP TEN seine Türen. „Keine Lust auf Techno“ sagte Kalle.
Im Dezember 1986 wurde Schwensen im Rahmen einer Großrazzia der Hamburger Polizei in St. Pauli festgenommen. Kalle stand in Verdacht, an der Beschaffung der Waffe beteiligt gewesen zu sein, mit der Werner Pinzner Ende Juli 1986 seine Frau, einen Staatsanwalt und sich selbst erschoss. Im Oktober 1989 wurde er vom Landgericht Hamburg zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Am 23. August 1996 wurde Schwensen in einem Restaurant im Hamburger Mittelweg angeschossen. Er wurde von zwei Kugeln im Oberkörper getroffen. Schwensen ließ sich während der Erstversorgung am Tatort vom Notarzt seine Sonnenbrille aufsetzen, die Bilder von Schwensen, der bei der Verfrachtung in den Krankenwagen auf der Trage liegend Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand zum Victory-Zeichen spreizte, gingen bundesweit durch die Boulevardmedien.
HUBERT STERZINGER
Ende der 80er-Jahre mischte der Österreicher Hubert Sterzinger die Hamburgs Gastro-Szene auf: Er war der unbestrittene Cocktail-König mit seinen legendären Barkonzepten „Meyer Lansky’s“, „Hemmingway“, „Havanna“, „El Tequito“ und dem aus meiner Sicht besten Laden „Pat O’Brians“.
Mit gerade mal Ende Zwanzig hatte Sterzinger das Hamburger Nightlife revolutioniert. In seinem ersten Meyer Lansky’s am Fischmarkt traf ich ihn das erste Mal. Er fuhr mit seinem 911er direkt vor den Eingang und stellte sich ins Parkverbot. Seine Garderobe war top, sein Auftritt der eines Edel-Gangsters. An der Tür nahm ihm sofort ein Mitarbeiter den Mantel ab. Hubert liebte den großen Auftritt aber er hatte es auch drauf.
In der BILD Zeitung stand damals, dass die „Alternative Szene“ seine edlen Bars nicht mochte. In Wirklichkeit waren es die knallharten militärisch ausgebildeten Hafenstrassen Extremisten, die gerne mal den Kiez aufmischten. Auch Sterzingers Bars mussten 2-3 Mal dran glauben. Aber egal, wie große die Zerstörung war, am nächsten Tag war die Bar wieder geöffnet und der Betrieb ging weiter. Sein Ende in Hamburg war dann weniger eine rationale Entscheidung, sondern eher eine notwendige Flucht. Sterzinger’s Expansion hatte zuviel Tempo aufgenommen. Eine Bar schwächelte und seine Kartenhaus-Finanzierung fiel zusammen. Wirklich schade, denn Hubert hatte endlich ganz viel Klasse in die ranzige Hamburger Gastro-Szene gebracht. Mein Lieblingskonzept war das „Pat O’Brians“. Die Eröffnung am Hans-Albers-Platz war einfach unvergesslich. Die perfekte Mischung aus New Yorker Cocktailbar, Varieté und Hamburger Hinterhof. Top.
Ein Gewinn für die Gastronomie, dass er weiterhin im Geschäft ist.
Ob Hubert noch hört, wie der Kiez ruft?